15.03.2022

15.03.2022 – Werkstattbericht: Zum Stand des Projekts Mono-Material Massivholzkonstruktion (AP15)

Der vielseitige Werkstoff Holz bietet als Gebäudehülle die Möglichkeit, Witterungsschutz, Wärmedämmung und Tragfähigkeit in einem Elementtyp zu vereinen. Dadurch können die Herstellungsschritte auf ein Minimum reduziert und in Standard Holzverarbeitungsanlagen integriert werden. Ziel des Projekts ist es, ein optimiertes System für mehrgeschossige Wohn- und Bürogebäude zu entwickeln.

Mono-Material Massivholzkonstruktion

Als wir im LCRL ankommen, der Werkhalle des Exzellenzclusters, ist Oliver Bucklin bereits beschäftigt: er sägt die letzten Schwalbenschwanzverbindungen für den Rahmen eines Wandelements zu, das er für die Testreihen zur Luftdichtigkeit, später auch für die Prüfungen der Wärme- und Feuerbeständigkeit, baut.

Wir sind verabredet um mehr über den Zwischenstand des Projekts Mono-Material Massivholzkonstruktion zu erfahren. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter am IntCDC und ICD forscht Oliver Bucklin im Rahmen eines assoziierten Projekts an einem System für mehrgeschossige Wohn- und Bürogebäude, das aus Massivholz gefertigt werden soll. Besonders daran sind die geschlitzten Fichtenbalken, die als tragende Gebäudehülle die Wärmedämmung erhöhen und dabei kein zusätzliches Material benötigen.

Das Musterstück besteht, wie das Bausystem auch, aus einer inneren und einer äußeren Schicht, die mit Isolierschlitzen und einer Keilrille auf jeder Seite gesägt wurden. Die Baugruppe wird mit einem Rahmen aus massiven Fichtenbalken zusammengehalten. Die Schlitze erzeugen geschlossene Luftkammern, wenn die einzelnen Balken zu Wandplattenelementen zusammengesetzt werden.

Für den Rahmen sägt der gelernte Zimmerer die Schwalbenschwanzverbindungen mit einer Kombination aus Motor- und Handsägen vor und entfernt dann alle überstehenden Reste mit dem Stemmeisen. Diese manuellen Prozesse werden später in automatisierte Fertigungsabläufe integriert.

Zeichnungen © Oliver Bucklin

IBA Timber Prototyp House 2019

Dass die Produktion auch vollautomatisiert funktioniert, konnte Oliver Bucklin bereits 2019 mit seinem IBA Timber Prototyp House beweisen: Für das kleine Blockhaus erweiterte er die traditionelle Holzbauweise durch rechnergestützte Konstruktion und Fertigung. Da die Elemente im Gegensatz zur traditionellen Blockhausbauweise vertikal geschichtet wurden, ließen sich die Schlitze ohne Beeinträchtigung der Tragfähigkeit in das Holz fräsen und verbesserten als Totluftkammern erheblich die Dämmwerte der Wand. Die hochpräzisen gefrästen Verbindungen kamen ohne zusätzliche Metallverbindungen und Klebstoffe aus, da sie einfach ineinandergesteckt wurden.

Bilder © Thomas Müller

Der Teststand

Das fertige Wandelement für den Teststand ist ca. 112 x 110 x 10 cm groß. Es wird in die Wand einer luftdichten Kammer integriert und an den Rändern mit Membrandichtungsband abgedichtet. Ein Minneapolis Blower-Door Duct Blaster Mini-Ventilator pumpt Luft über ein Rohr in die Kammer und erzeugt einen Überdruck von 50 Pascal. Sensoren an der Kammerwand messen nun die Entwicklung des Drucks über ein paar Minuten, sodass sich Rückschlüsse auf die Luftdichtigkeit des Wandelements ziehen lassen. Anschließend messen wir weitere Male mit 40 – 10 Pascal.

Um die Ergebnisse überprüfen zu können, wurde zusätzlich ein kleines Loch mit genau definiertem Durchmesser an der Kammerwand angebracht. Mithilfe der Luftstromformel kann berechnet werden, wieviel Luft durch dieses Loch bei einem bestimmten Luftdruck fließt. Die Differenz des Luftdurchlasses bei offenem und geschlossenem Loch lässt sich genau bestimmen. Auf diese Weise können die Forscher überprüfen, ob die Messungen einen hohen Grad an Genauigkeit aufweisen.

Wie lassen sich die Arbeitsschritte digital und wirtschaftlich gestalten?

Auf die Auswertung der Messungen müssen wir nun warten. Wir dürfen sie wahrscheinlich zusammen mit den Ergebnissen der bevorstehenden Tests zum Dämmwert, den Brandeigenschaften und dem Verhalten des Wandelements bei Feuchtigkeitsschwankungen erwarten. Außerdem stehen in nächster Zeit Besuche bei Sägewerken an: Oliver möchte die Produktion des Prototyps optimieren. Dazu muss zusammen mit Expert*innen abgewogen werden, wie sich eine optimale Balance zwischen den Vorzügen digitaler Fertigung und der Wirtschaftlichkeit etablierter Produktionsprozesse herstellen lässt.

Ein 6-achsiger Industrieroboter, wie er für die Herstellung der Testelemente verwendet wurde, kann mit hoher Präzision fräsen, braucht jedoch viel Zeit dafür. Die Produktion auf den Standard-Maschinen, wie beispielsweise CNC Fräsen, würde den Herstellungsprozess beschleunigen, jedoch besteht hierbei die Herausforderung, die Produktion in bestehende Produktionsstraßen zu integrieren.

Ziel für die Gespräche mit den Expert*innen ist die Entwicklung eines produktreifen Standardprofils im Sägewerk. Die ersten Gespräche finden demnächst mit unserem Netzwerkpartner best wood Schneider statt, die uns übrigens auch das Holz für die Testreihen gesponsert haben. Derweil laufen die Testreihen noch bis Ende des Jahres. Ab dem kommenden Jahr steht dann der Bau eines Gebäudedemonstrators an. Hierfür suchen wir übrigens noch Partner…

 

Weitere Informationen

Hier finden Sie die Beschreibung des Assoziierten Projekts AP15

Hier finden Sie mehr zum IBA Timber Prototyp House

Wir danken der Firma best wood Schneider für die Materialspende!

digitize wood ist ansässig am Exzellenzcluster IntCDC an der Universität Stuttgart und wird vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) im Rahmen der Holzbau-Offensive BW gefördert.